Wenn ich mit Personen über das Schreiben spreche, fällt mir immer wieder auf, dass viele von ihnen vollkommen falsche Vorstellungen darüber haben. Daher werden wir im heutigen Blogbeitrag die drei größten Schreibirrtümer unter die Lupe nehmen. Sie sind nicht nur wirklichkeitsfremd, sondern reduzieren auch die Kreativität.
Wir starten mit einem der häufigsten Schreibirrtümer, der mir am häufigsten begegnet und sich leider besonders hartnäckig hält:
1. Ich habe kein Schreibtalent oder:
Ich kann nicht schreiben
Wie kommt man auf diese Idee, nicht schreiben zu können? Dieser Mythos ist nicht zufällig entstanden. Zumeist mussten Menschen, die diese Aussage von sich geben, in der Kindheit oder während der Schulzeit negative Aussagen über sich ergehen lassen. Bis sie es leider eines Tages selbst geglaubt haben.
Dass solche Behauptungen pädagogisch fragwürdig sind, ist hoffentlich klar. Wer wie mit der Axt im Wald in den Kinderseelen herumfuhrwerkt, richtet Schäden unermesslichen Ausmaßes an, an die sich manche Menschen Jahrzehnte später immer noch bis ins Detail erinnern können. Anstelle ein Kind dermaßen negativ zu verurteilen, hätten Erwachsene ermutigend oder unterstützend sein können.
Bedauerlicherweise können solche Vorfälle nicht mehr rückgängig gemacht werden. Was jedoch geändert werden kann, ist die Betrachtungsweise. Falls Du auch so jemand bist, dann wäre es wichtig, Dir vor Augen zu führen, dass Du in guter Gesellschaft bist.
Von einigen berühmten Schriftstellerinnen und Schriftstellern wie Agatha Christie, Mark Twain oder J.K.Rowling wird berichtet, dass sie in der Schule schlecht beurteilt wurden. Was kannst Du davon lernen? Niemand von ihnen hat sich von ihrem oder seinem Weg abbringen lassen.
Das sagenumwobene „Talent“ entsteht nicht durch Geburt, über Nacht oder per Fingerschnippen, sondern durch Übung, Geduld und wertschätzendes Feedback. Kennst Du den Spruch: Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut? Dazu sind viele unterschiedliche Häuser notwendig. Ebenso ist es mit den Schreiben.
Praxis-Tipp:
Mache es Dir zu Beginn ganz einfach. Ein Blatt Papier und ein Stift reichen völlig. Notiere Dir, was Dir gerade in den Sinn kommt, was Du beobachtet oder erlebt hast und praktiziere es jeden Tag. Im Laufe der Zeit wirst Du immer sicherer dabei werden. Es ist so ähnlich wie beim Radfahren lernen: Am Anfang bist Du noch wackelig unterwegs, später saust Du flott durch die Gegend.
2. Das Inspirations-Märchen
Wie oft höre ich: „Ich würde gerne ein Buch schreiben, aber ich warte noch auf die perfekte Idee.“ Darauf kannst Du bis zum St. Nimmerleinstag warten. Zu hoffen, dass Dich irgendwann einmal die Muse küsst und Du eine aus Deiner Sicht bahnbrechende Idee hast, ist Zeitverschwendung. In Wahrheit fördert die regelmäßige Praxis Deine Kreativität und Produktivität beim Schreiben.
Die Vorstellung, dass Kreativität nur aus plötzlichen Geistesblitzen entsteht, ist weitverbreitet, aber irreführend. Tatsächlich sind viele großartige Werke nicht das Ergebnis eines einzigen Moments der Inspiration, sondern das Produkt kontinuierlicher Arbeit und Verbesserung. Von Stephen King ist bekannt, dass er eine tägliche Schreibroutine zu hat, unabhängig davon, ob er sich inspiriert fühlt oder nicht.
Ein weiterer Punkt ist, dass Ideen oft aus dem Schreiben selbst entstehen. Wenn Du regelmäßig schreibst, wirst Du feststellen, dass Deine Gedanken fließen und sich entwickeln. Neue Ideen können aus alltäglichen Beobachtungen, Gesprächen oder sogar aus anderen Geschichten entstehen, die Du liest. Deshalb ist es entscheidend, sich hinzusetzen und einfach zu beginnen, anstatt auf den perfekten Moment zu warten.
Praxis-Tipp:
Setze Dir ein tägliches Ziel, sei es eine bestimmte Anzahl von Seiten/Wörtern oder eine feste Zeitspanne. Das Wichtigste an dieser Übung ist die regelmäßige Durchführung und nicht das Ergebnis. Alleine durch die Umsetzung entstehen ganz automatisch neue Ideen.
3. Es muss sofort passen
Der dritte verbreitete Irrtum lautet: Der erste Text muss sofort perfekt sein. Diese Vorstellung stammt zumeist aus der Schulzeit. Die Wahrheit ist jedoch, dass die erste Fassung nicht viel mehr als eine ausführlichere Notiz zu sein braucht. Sie dient nur dazu, Deine Gedanken zu Papier zu bringen oder Deine Ideen festzuhalten. Denke nur an die bildende Kunst. Viele Künstlerinnen und Künstler fertigen zuerst eine Skizze an, bevor sie das eigentliche Gemälde malen.
Der Druck, gleich beim ersten Versuch alles richtig machen zu müssen, kann lähmend wirken, Deine Kreativität bremsen oder sogar abtöten. Wer möchte Dir vorschreiben, wie Du zu schreiben hast? Jede und jeder ist individuell unterschiedlich, somit entscheidest Du, wie Du schreiben möchtest. Der erste Entwurf ist nicht mehr als eine Rohfassung, die Dir erlaubt, Deine Gedanken frei und ohne Selbstzensur auszudrücken.
Ernest Hemingway oder Anne Lamott haben betont, wie wichtig es ist, sich von der Vorstellung eines perfekten ersten Entwurfs zu lösen. Hemingway soll gesagt haben: „Der erste Entwurf von irgendwas ist Bullshit.“ Lamott beschreibt in ihrem Buch „Bird by Bird“ den ersten Entwurf als „shitty first draft“ – ein notwendiger und wichtiger Schritt im Schreibprozess. Auch dieser Blogbeitrag ist nicht der erste Entwurf, sondern wurde mehrfach überarbeitet, bevor er online gegangen ist.
Praxis-Tipp:
Wenn Du Dich hinsetzt, um zu schreiben, erinnere Dich daran, dass es nicht um Perfektion geht. Erlaube Dir, Fehler zu machen und Dir Unvollkommenheit zu erlauben. Du wirst erstaunt sein, um wie viel kreativer und produktiver Du bist, sobald der Druck weg ist, gleich beim ersten Mal alles richtigzumachen. Später kannst Du Deinen Text in Ruhe überarbeiten und so lange verfeinern, bis Du mit dem Ergebnis zufrieden bist.
Fazit
Durch das Erkennen und Loslassen dieser Mythen wirst Du feststellen, dass Schreiben weder eine Frage von angeborenem Talent noch plötzlicher Eingebung ist, sondern vielmehr etwas, das Du durch Übung, Wiederholung, Geduld und den Mut, unvollkommen zu beginnen, entwickeln kannst.
Schau gerne auf meinen anderen Kanälen wie dem Schreibgeflüster Podcast, meinem YouTube-Kanal vorbei. Dort findest Du weitere Tipps und Inspirationen zur Vielfalt des Schreibens. Oder teile Deine Erfahrungen und Fortschritte, vielleicht hier in einem Kommentar unter diesem Beitrag oder gerne auch in meiner kostenlosen Facebook-Gruppe, wo Du auch Fragen zu diesem oder anderen Themen stellen kannst.
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