22.6.25

Work-Life-Balance: unsinnig oder wichtig?

„Finde heraus, was Du liebst, und Du musst keinen Tag mehr arbeiten!“ Solche Sprüche werden in Social Media von Coaches verbreitet, um Menschen in ihre Programme zu locken. Sie behaupten, dass Unzufriedenheit im Beruf primär mit der jeweiligen Tätigkeit zu tun hat. 

Diese Coaches sagen, wenn man das macht, das einem Freude bereitet, hat man jeden Tag Spaß im Beruf und bräuchte nie wieder unzufrieden zu sein. Gleichzeitig sagen sie, dass alle, die auf Work-Life-Balance im Job Wert legen, bislang nicht das gefunden haben, das sie oder ihn gänzlich erfüllt. 

Berufliche Unzufriedenheit

Warum interessiert sich überhaupt jemand dafür, was solche Coaches behaupten? Schaut man sich aktuelle Studien an, zeigen diese ein klares Bild: Der „State of the Global Workplace: 2025 Report“ von Gallup zeigt, dass sich nur noch 21 % der Beschäftigten weltweit emotional mit ihrer Arbeit verbunden fühlen. In Deutschland sind es 12 %, in Österreich 9 % und in der Schweiz 8 %. 

Auffällig beim heurigen Ergebnis ist, dass die Zufriedenheit der Führungskräfte gefallen ist. Dies erklärt Gallup mit einer Vielzahl an Anforderungen, die gleichzeitig auf die Management-Ebene einwirken, wie höherer Druck der Geschäftsführung auf das Management aufgrund geringeren Wirtschaftswachstums, höhere Fluktuation nach der Pandemie, gestiegene Anforderungen ihrer Teams etc.

Die Fakten dahinter

Allerdings antworten auf die Frage, ob sich die Menschen aktiv nach einem neuen Job umschauen, in Deutschland 39 %, in der Schweiz 22 % und in Österreich 20 %. Die zuvor genannte Behauptung vieler Coaches stimmt somit nicht. 

Auch wenn die eingangs erwähnte Schlussfolgerung auf den ersten Blick logisch klingt, gilt es nicht für Autorinnen, Autoren, Kreative, Selbstständige, Unternehmerinnen und Unternehmer. Denn sie machen bereits das, was ihnen Freude bereitet. Auch sie stehen vor der Herausforderung, mit den gesellschaftlichen und strukturellen Veränderungen umgehen zu müssen, was bei jedem Menschen Stress verursacht. Dementsprechend benötigen wir alle regelmäßige Pausen und Zeit für Erholung.

Erholung ist kein Luxus

Im Schreibgeflüster Podcast habe ich kürzlich zwei Expertinnen interviewt (die Links zu den beiden Episoden findest Du am Ende des Blogbeitrags). Sie betonten, dass Erholungsphasen aus gesundheitlicher Sicht essenziell sind. Pausen senken den Stresspegel, regulieren das Nervensystem und schützen langfristig vor Erschöpfung, Schlafstörungen oder psychosomatischen Beschwerden. 

Gerade Kreative oder Selbstständige, die oft ohne klaren Arbeitsrahmen agieren, laufen Gefahr, in einen Zustand ständiger Aktivierung zu geraten. Bewusste Erholung wirkt dem entgegen. Sie ist kein Zeichen von Faulheit, sondern ein Zeichen von Selbstfürsorge und professionellem Weitblick.

Kreativität auf Knopfdruck ist eine Illusion

In einem meiner Blogbeiträge habe ich bereits die Vorstellung, dass wir jeden Tag kreative Hochleistungen vollbringen können, als Mythos entlarvt. Kreative Prozesse brauchen nicht nur Konzentration, sondern auch Leerlauf. Studien zeigen, dass das Gehirn gerade in Phasen der vermeintlichen Ruhe besonders aktiv ist wie im Schlaf. 

Auch während erholsamer Pausen verknüpft unser Gehirn im sogenannten Default-Mode-Netzwerk unbewusst Informationen, verarbeitet Eindrücke und generiert neue Ideen. Sich regelmäßig kleine oder größere Pausen zu gönnen, steigert die mentale Leistungsfähigkeit, fördert Einfallsreichtum und Perspektivwechsel. Nicht umsonst kommen uns gute Einfälle oft beim Spazierengehen, Duschen oder im Halbschlaf.

Gönne Dir bewusst Pausen

Der Sommer bietet aufgrund der längeren Tage zahlreiche Möglichkeiten zur Erholung und für kurze Auszeiten im Alltag. Gehe in den Wald, setze Dich auf eine Parkbank und beobachte Vögel und Eichhörnchen oder melde Dich bei lieben Menschen, um mit ihnen zu plaudern. Dafür bieten sich ein Spaziergang oder der Gastgarten eines netten Lokals an. Wer über Balkon, Terrasse oder Garten verfügt, kann natürlich auch diese zur Erholung im Freien nutzen.

Ideen aufschreiben

Aus Erfahrung empfehle ich, alle Inspirationen, die spontan während der Erholungsphasen entstehen, sofort zu notieren, da sie flüchtig sind und schnell wieder verloren gehen können. Ich notiere sie mir sofort stichwortartig in meinem Notizbuch. Dadurch kannst Du sie zu einem späteren Zeitpunkt aufgreifen und damit weiterarbeiten, wenn Du sie benötigst. 

Zusätzlichen Stress vermeiden

Dabei ist jedoch wichtig, Dich nicht zusätzlich unter Druck zu setzen, dass Ideen automatisch entstehen, wenn Du spazieren gehst oder jemanden aus dem Bekanntenkreis triffst. Je lockerer Du es nimmst, desto leichter kommt Dein Geist zur Ruhe und produziert dabei automatisch neue Einfälle. Denke stets daran, dass regelmäßige Pausen in erster Linie dazu dienen, Deine Gesundheit aktiv zu unterstützen und die Einfälle ein positives Nebenprodukt sein können, aber nicht müssen. 

Fazit

Unzufriedenheit im Beruf kann mit vielen Einflussfaktoren zu tun haben, wie geänderten strukturellen oder gesellschaftlichen Anforderungen. Eine erfüllende Tätigkeit ist zwar erfreulich, erfordert jedoch ebenso regelmäßige Auszeiten. Für Erholung und Pausen zu sorgen, ist für alle Menschen wichtig und gesund. Diese können zusätzlich unsere Kreativität beflügeln.  

Zum Weiterlesen/-hören und Vertiefen:

  • Schreibgeflüster-Podcast: Anspannung loslassen – Interview mit Marlies Vitzthum
  • Schreibgeflüster-Podcast: Stress loswerden – Interview mit Heike Melzer
  • Mythos: Einfälle auf Knopfdruck

Weitere Tipps und Vertiefungen gefragt? Schau gerne auch auf meinem YouTube-Kanal vorbei, werde Mitglied in meiner kostenlosen Facebook-Gruppe oder des Reflexionsclubs.

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